Glas ein transparentes Sammelgebiet

Altersmäßig betrachtet ist Glas ein früher Kunststoff, denn es ist das erste künstlich erzeugte Material. Glaubt man den Aufzeichnungen der Naturgeschichte „Plinius“ d. Älteren, 1.Jahrhundert v. Chr., so waren es die Phönizier, die den Werkstoff Glas erfanden. Das älteste Rezept zur Herstellung von Glas aber wurde uns durch eine babylonische Keilschrift-Tontafel um 1700 v. Chr. überliefert.

Als geruchlos, transparentes Material war und ist es leicht zu reinigen, widerstandsfähig gegen äußere Einflüsse wie Säuren, bot und bietet vielerlei Möglichkeiten zur Aufbewahrung.

Durch die Art der einzelnen Verwendungsformen entstanden im Laufe der Jahrhunderte nützliche und schöne gläserne Gegenstände, die sich z. B. im kleinen als antike Duft - und Salbengefäße präsentieren können, im großen als Fensterbilder, geschaffen im jeweils herrschenden Zeitgeschmack, ihren Niederschlag fanden.

Lange Zeit besaß Rom die Vormachtstellung in der Glasproduktion. Erst im 13. Jahrhundert entwickelte sich diese auch in anderen Regionen. Allen voran stand Venedig, dessen Position als Handels - und Wirtschaftsmacht durch den Sieg über Konstantinopel (1214) nun vorläufig gesichert war.

Das Geschäft mit dem Glas war sehr einträglich und die im 16. Jahrhundert in Venedig entdeckte Kunst der Kristallglas- Herstellung verbreitete sich rasch über ganz Europa.

Unterschiedlich waren hier jedoch, die zur Verfügung stehenden Ausgangsmaterialien, so dass dadurch das Glas in Hinsicht auf Härte, Klarheit und Brillanz regional verschieden ausfiel. Dieses wiederum beeinflußte die Methoden der Verzierung. So schätzt der Kenner und Sammler beim deutschen, harten Kristallglas den Glasschnitt, beim Glas aus der Umgebung von Potsdam die exzellente Form des Hochschnitts. Die Gläser niederländischer Produktionen zeichnen sich hingegen durch die besondere Kunst der Diamantgravur aus.

Im 19. Jahrhundert tritt das böhmische Glas seinen Siegeszug an. Die außergewöhnliche Reinheit des Kreidekristallglases, eine Erfindung der Glashütten dieser Region, verhalf dem böhmischen Glas zu Weltruf. In diese Zeit fällt die erste große technische Erneuerung seit der Erfindung des Glasblasens (1.Jahrhundert v. Chr.).

Die Herstellung von Preßglas, 1825 in den Vereinigten Staaten entwickelt, war bald darauf in ganz Europa bekannt. Hand in Hand mit dieser Innovation erfolgte die Mechanisierung der Glasindustrie, die entscheidend mit zur Verbilligung der Gebrauchsware „Glas“ führte. Parallel dazu erwachte das Interesse einiger Glaskünstler an alten manuellen Fertigungstechniken, die ihnen zur Herstellung kostbarer Ziergläser dienten.

Niemals zuvor war Glas so dekorativ wie zu Zeiten des ausklingenden 19. Jahrhunderts bis circa 1930.

Bereits zu seiner Entstehungszeit war das Glas des Jugendstils ein begehrtes Sammelobjekt. Das gilt ebenso für Kunstglas der 20er Jahre im Stil des Art nouveau und Art Deco.

Dieses „transparente“ Sammelgebiet verfügt über alle Kategorien von Glas, beginnend mit dem jeweils zeittypischen Glasentwurf bis hin zum vollkommenen Kunstglas. Dem Sammler präsentiert sich das in erster Linie in den Preisen. So gibt es neben den hochtaxierten Einzelwerken berühmter Glaskünstler durchaus erschwingliches, schönes Gebrauchsglas.

Ein Bereich dieses vielfältigen Sammelgebietes stelle Ich Ihnen vor.

 

 

Rosalin ( Aurora) Lachs – Edelrosa

Ich sammle seit vielen Jahren Glas und versuche, wie andere Sammler auch, soviel wie möglich über mein Sammelgebiet zu erfahren. Zunächst gibt es sehr viele Gesichtspunkte, unter denen man Glas sammeln kann. Für mich besitzt neben gestalterischen Aspekten die Frage des Materials einen Vorrang bei meinen Nachforschungen.

Viele Käufer oder Sammler von Glas wissen heutzutage kaum noch, woraus ihre Sammelobjekte eigentlich bestehen. Allenfalls so pauschal Begriffe wie Goldrubin oder Kobaltblau geistern durch die Landschaft.

Auch der moderne Glasmacher weiß oft nur noch verhältnismäßig wenig über sein Rohprodukt.

Wozu auch ?

Er bezieht die Masse fertig gemixt oder gar fertig verschmolzen und kann sich fast ganz auf das reine Gestalten konzentrieren.

Unter ganz anderen Bedingungen arbeitete früher der Glasmacher. Er mußte sich mehr auf die Frage des richtigen Gemenges und der richtigen Führung der Schmelze konzentrieren als auf die Aufgabe der anschließenden Formgebung. Die richtige Mischung für ein schönes Glas zu finden, bereitete ihm Tag für Tag neue Kopfschmerzen.

Er konnte nie ganz sicher sein, daß ihm eine einmal gelungene Farbe auch beim nächsten Versuch geriet.

 

 

Rosalin

Das ist die totgeschwiegene Karriere einer Glasfarbe. Urteilt man nach der Vielfalt von Artikeln, die heute auf Flohmärkten auftauchen, so war in Deutschland zwischen den zwei Weltkriegen Gebrauchsglas in Rosalin, in Lachsrot, offensichtlich eine der beliebtesten Farben. Ich fand in 30 Jahren hier diese Sammlung. Trotzdem wurde während dieser Zeit die Erfolgsfarbe Rosalin in keinem Messebericht gewürdigt.

Von Ozeangrün und Saphirblau ist die Rede, von Luftblau und Seegrün, von Türkisblau, Elektrik-blau, Marineblau und von Weinrot und Goldgelb.

Niemand sprach von Rosalin, Lachs, Edelrosa, oder Aurora. So bezeichnen einige Glashütten diese Farbe.

Der französische Chemiker Pelouze war wohl der erste, der 1865 bei Laborversuchen rund um das Glas auch Selen verwendete. Danach herrschte wieder Schweigen um dieses Element. Im Jahr 1891 erwarb Franz Welz aus Böhmen ein deutsches Patent auf sie Herstellung von rosafarbenem und orangenem Glas unter Verwendung von Selen.

Zunächst schien Selen jedoch eine Karriere als Entfärbungsmittel gemacht zu haben. Der mit Selen bewirkte rötliche Ton „löschte“ den grünlichen Stich im Glas ,der zum Leidwesen der Glashütten immer wieder durch Eisenverunreinigungen bei den Rohmaterialien in die Glasmasse kam.

Das klassische Mittel für diese Entfärbung war Braunstein. Diese Verbindung bedeutete allerdings, den Teufel mit Beelzebud auszutreiben.

Häufig wurde das auf diese Weise entfärbte Glas nach gewisser Zeit rosa - oder lilastichig.

Diese Farbänderung unterblieb bei einer Selenentfärbung. Die begeisterte Aufnahme von Selen für diesen Zweck schlug sich in einer ganzen Reihe entsprechender Patente nieder. Welzens Selenrosa erwähnte vorläufig niemand mehr. Spätestens seit 1910 existierte dann aber der Name Rosalin. Von der deutschen Firma Schuster & Wilhelmy, die Glashütten mit Rohmaterialien belieferte, gab es unter dem Namen Mattrosa eine Fertigfritte, die Selen enthielt. Der Durchbruch gelang Selenglas in den dreißiger Jahren.

Offensichtlich wurde die Begeisterung für diese Farbe von amerikanischen Glasmoden angeregt.

An Ende der zwanziger Jahre belegte die Fachpresse, dass viele Hütten Rosalinglas erschmelzen wollten, aber Schwierigkeiten hatten, das gewünschte Rosa in stetig gleichbleibender Qualität zu erzeugen. Noch 1934 heißt es: ...die Herstellung von Selengläsern mit bestimmter Rosatönung wird durch die Unbeständigkeit dieses Farbstoffes außerordentlich erschwert.

1937 stellte ein Glastechniker fest, „die mit Selen allein erzielbare Farbe ist für mich fast immer eine Nuance zu blaß, zu zart zu rosa. Trotzdem liebe ich Selenrosa, und zwar als Silikatchemiker und Glastechniker, denn ich schätze die schwierige Aufgabe höher als die leichte“.

Allen offensichtlichen Tücken bei der Herstellung zum Trotz fand sich dieses Glas im Programm fast aller Glasproduzenten. Die Gegenstände reichten von, allereinfachster Massenware bis zum „besseren“ Gebrauchsglas. In meiner Sammlung ist alles vorhanden.